Vielleicht kennst du das ja: Es gibt immer noch Erlebnisse in deinem Leben die du nicht loslassen kannst. Immer noch Menschen, denen du nicht vollständig vergeben hast. Vielleicht bist auch du selbst dieser Mensch, dem du noch nicht vergeben konntest? Solange wir nicht 100%ig vergeben haben, haben wir nicht gar nicht vergeben und können es nicht loslassen.
Woher weißt du, ob du wirklich vergeben hast? Wenn du an das Ereignis / die Person denken kannst und du angenehme Gefühle empfindest. Prüfe es einfach: Denke an das Ereignis bzw. die Person und spüre einmal in dich hinein. Sieh dir die vergangene Szene noch einmal vor deinem inneren Auge an und fühle, was da in dir auftaucht. Ist da noch Wut, Trauer oder ein anderes dich belastendes Gefühl? Dann hast du nicht vollständig vergeben.
Wenn du den Wunsch hast wirklich zu vergeben und nicht mehr an Altem festzuhalten ist es wichtig, sich die Situation noch einmal anzuschauen. Was genau passierte? Wer sagte was? Schaue dir alles noch einmal als Außenstehender an. Wenn Gefühle hochkommen, wie z. B. Wut oder Schuldgefühle (wenn du es selbst bist, dem du nicht vergeben hast), dann kommt das daher, dass du dir damals nicht erlaubt hast, diese Gefühle zu fühlen und deshalb sind sie immer noch in dir. Um dich zu „befreien“, wirklich loszulassen, musst du nun zuerst diese Gefühle spüren. Erlaube dir sie zu fühlen, völlig, bis auf den Grund. Liese auch hier zu „Lieben was ist – den Schmerz transformieren“
Dann spürst du, wie das Gefühl weniger und weniger wird. Und nun schau dir noch einmal die vergangene Situation an. Mit dem Hintergrund den die andere Person hatte, dem Bewusstseinszustand und dem Wissen, konnte sie anders handeln? Wir sehen immer alles mit unserem Wissen, unserem Hintergrund und unserem Bewusstseinszustand, und von dieser Sicht heraus verstehen wir nicht, warum die Person so gehandelt hat. Doch wenn wir jetzt einmal versuchen, uns in diese Person hineinzuversetzen, mit ihren Augen zu sehen, ändert sich etwas, oder?
Überlege auch, wann du schon einmal so gehandelt hast. Zuerst einmal wirst du das vielleicht komplett ablehnen, doch öffne dich dafür und schaue tief in dich. Wann hast du auch schon einmal so oder ähnlich gehandelt?
Ganz oft haben wir eine Situation auch anders wahrgenommen, als die andere Person. Wir nehmen schnell alles persönlich, doch ist es das wirklich?
„Mein Papa liebt mich nicht so wie ich bin, ich kann es ihm nie recht machen.“
Das war der Glaubenssatz in mir, der mich jahrzehntelang verfolgte. Immer wieder geriet ich mit meinem Vater aneinander, weil ich jedes Wort auf die Goldwaage legte und dieser Glaubenssatz mich unterbewusst verfolgte und immer wieder dachte: Aha! Schon wieder kann ich es ihm nicht Recht machen! Ich meditierte mehrere Jahre darüber und fühlte auch die Wut, immer wieder, doch sie ließ mich nicht los.
Bis ich dann schließlich alles wirklich betrachtete: War meine Geschichte wirklich wahr? Stimmte es, dass ich es ihm nicht recht machen kann?
Tja, ich hatte einen Beweis, damals, als ich nach Hause kam und ganz stolz eine 3 plus in Mathe geschrieben hatte (vorher hatte ich mehrere fünfen geschrieben) und er sagte: „Ja, nächstes Mal wird es dann eine 2!“
Ok, aber war das wirklich ein Beweis? Vor allem für all die Jahre meines Leids durch das Festhalten an diesem Glaubenssatz und der Wut auf meinen Vater?? So sicher war ich mir dann plötzlich auch nicht mehr. Ich schaute näher hin… Und ich sah, mein Vater war ein Mann der von Natur aus seine Gefühle nicht so gut ausdrücken konnte. Allerdings hatte er mir trotzdem häufig gezeigt, dass er mich liebte. Eigentlich immer wieder. Hm, also hatte ich jahrelang an etwas festgehalten, was gar nicht da war? Plötzlich war die Wut verschwunden. Ich fühlte mich frei. Kurze Zeit später kamen meine Eltern zu Besuch. Ich hatte sie über ein Jahr nicht gesehen (wir leben in verschiedenen Ländern) und war aufgeregt. Wie würde unsere Begegnung sein? Würde ich mich wieder mit meinem Vater in die Haare kriegen, weil ich mich ständig angegriffen fühlte?
Wir begrüßten uns alle herzlich und gingen nach kurzer Zeit mit den Kindern auf den Spielplatz. Mein ältester Sohn machte Klimmzüge und mein Vater fragte ihn, wie viele er schaffen würde. Mein Sohn erwiderte: „10!“ Mein Vater sagte: „Wenn du 20 schaffst, bist du gut!“. Sofort kam mein alter Glaubenssatz in mir zum Einsatz, das altbekannte Gefühl tauchte kurz auf. Dann blickte ich zu meinem Sohn und zu meinem Vater und wieder zurück. Mein Sohn war völlig unbeeindruckt und ich hatte eine unglaubliche Erkenntnis: Das war die Art meines Vaters ihn zu motivieren! Genau wie er mich damals mit dem Satz „ Nächstes Mal wird es dann eine 2.“ nur motivieren wollte! All die Jahre mit diesem Glaubenssatz in mir, der völlig falsch war! Und doch letztendlich gut für mich, denn ich erkannte, dass wir nur das sehen, was in uns ist, was unsere Glaubenssätze uns erzählen. Bis wir sie erkennen und sie uns loslassen. Und dann sind wir ein Stück freier!
Und genauso können wir auch uns selbst vergeben. Indem wir uns noch einmal zurück begeben, uns alles anschauen und sehen, dass wir immer unser bestes taten, was wir zu dem Zeitpunkt wussten und konnten. Jeder Mensch tut immer sein bestes. Je nach dem was unsere Glaubensätze uns vorgeben.
Also fühlt in euch hinein, spürt die Gefühle, geht euren Glaubensätzen auf den Grund.
Alles Liebe,
eure Alicia.
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